Besprechungen #12: Volker Zierke – Ins Blaue

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Mitte Dezember 2021 erschien im Jungeuropa-Verlag „Ins Blaue“, das Nachfolgewerk von Volker Zierkes Erstveröffentlichung „Enklave“. Die Bildgestaltung auf dem Buchdeckel zeigt bereits, worum es geht, wenngleich man das Bild nicht auf Anhieb zu verstehen scheint. Der Blick durch mehr oder weniger dichtes Geäst lässt auf einer Anhöhe einen Blick auf einen im Hintergrund befindlichen Berg erhaschen, zentral ist jedoch eine Frau, oder besser gesagt ein mystisch angehauchtes Wesen, zu sehen. Was es damit auf sich hat, dazu später mehr.

Offenbar von seinem Leben gefrustet und lustlos, begibt sich der Ich-Erzähler in ebensolcher Stimmung auf den Weg zu einer Beerdigung in seine alte Heimat, ins Allgäu. Dort allerdings drängen ihn die Geheimnisse um seine Kindheit, seinen Onkel und die Mythen um die Gegend selbst zu der Neugier, das Genannte aufzuarbeiten.

So bleibt der Protagonist allein auf dem Hof seiner zuvor verstorbenen Tante, um die dortigen Bücher zu ergründen und die nahegelegene und viel umschriebene Natur samt seinen Hängen, Wäldern und Bergen zu erkunden. Sich selbst teilweise in wirren Zuständen wiederfindend, erfährt der Leser so Stück für Stück die Geschichte mystischer Gestalten und vergessener Wesen in dem Waldgebiet oben an den Hängen.

Dabei werden verschiedenste Handlungsstränge ineinander verwoben, etwa Selbstreflexion, Analyse der Vergangenheit und Gegenwart sowie Liebe, Verzweiflung und Tod. Alles was ein “normales” Leben eben ausmacht, allerdings sinnsuchend in der Vergangenheit, obgleich müde in Bezug auf die Gegenwart, bestehend aus Job, Wohnung und Beziehung.

Zierke schafft es eindrucksvoll und verwirrend zugleich, alle Handlungsstränge durch sprunghafte Erzählweisen darzustellen. Das letztlich unterstreicht, die Sinnsuche irgendwo miterlebbar beziehungsweise begreifbar und authentisch für den Leser zu machen. Charakterisierend für den Roman ist auch der Gebrauch von einfacher Alltagssprache. Darin sowie in scheinbar nichtigen, kleinen Situationen findet man sich als Leser wieder. Beispielsweise beschreibt Zierke die Enttäuschung der Mutter des Protagonisten über ein vermeintlich nicht erhaltenes Geschenk zu Weihnachten, sowie die viel herbere Enttäuschung der Mutter, dass ihr tatsächliches Geschenk nie benutzt in zugestaubten Kisten verschwand.

Gerade der einfache Sprachgebrauch sowie die alltäglichen Themenstränge, in denen sich wohl jeder irgendwo wiederfindet, machen das Buch so spannend und außergewöhnlich, sodass man es nicht aus der Hand legen mag, um nichts zu verpassen. Genau das nämlich, dass der Spannungsbogen beziehungsweise die Intensität so hoch ist, mit der man als Leser auf eine Reise mitgenommen wird, gelingt in Romanen recht selten – bei mir ist es zumindest so, aber bei diesem Buch war es tatsächlich der Fall, dass ich es in einem Stück durchlesen musste.

Daher kann ich auch eine klare Kaufempfehlung aussprechen. Es ist eine willkommene Abwechslung zu all den letztlich doch sehr politisch aufgeladenen Büchern aus rechten Kreisen, eine Sinnsuche und Inspiration zugleich. Man kann in Erinnerungen schwelgen, sich wiederfinden, aber gleichzeitig auch Ansporn und Elan für die eigene Sinnsuche mitnehmen. Ein schöner und gelungener Schritt entgegen der verkommenen, modernen Welt und ihrer Lebensweise.

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #29

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