Der letzte Landsknecht: Zum 40. Todestag von „Kongo-Müller“

In gesprenkeltem Fallschirmjäger-Kampfanzug sitzt Siegfried Müller an diesem 10. November 1965 in einem Münchener Filmstudio, die Rangabzeichen eines kongolesischen Majors auf der Schulter, an der Brustseite das Eiserne Kreuz I. Klasse mit Hakenkreuz. Jovial lächelnd und augenscheinlich nicht mehr ganz nüchtern, beantwortet er mit entwaffnender Offenheit die Fragen seines Gegenübers, vorgeblich ein westdeutscher Fernsehjournalist. Der Interviewte weiß nicht, dass er in diesem Augenblick einem der bekanntesten Dokumentarfilmer der Deutschen Demokratischen Republik „auf den roten Leim geht“, wie es eine westdeutsche Zeitung später formulieren wird.

Tatsächlich wird das Interview in der Folgezeit unter dem Titel „Der lachende Mann“ zu einem der größten mitteldeutschen Propagandacoups aufgeblasen. Der Hauptprotagonist wird den erschrockenen Zuschauern des DDR-Fernsehens als eine Bestie in Menschengestalt vorgeführt, als skrupelloser Mörder und „Negerkiller“.

Doch wer war dieser Siegfried Müller wirklich, den noch heute kaum jemand unter seinem richtigen Namen kennt, sondern nur unter der Bezeichnung, den ihm einst die westdeutsche Presse gab? Wer war dieser „Kongo-Müller“?

Von der Wehrmacht zum „Amt Blank“

Siegfried Müller wird am 26. Oktober 1920 in Crossen an der Oder (Niederschlesien) als einziges Kind einer preußischen Offiziersfamilie geboren, der Vater fällt 1942 als Oberstleutnant. 1931 tritt der junge Siegfried dem Scharnhorstbund bei, der Jugendorganisation des „Stahlhelm“; von dort wechselt er im Oktober 1933 in die Hitlerjugend und wird Fähnleinführer im deutschen Jungvolk. Im Sommer 1938 meldet sich Müller zum Reichsarbeitsdienst und wird in einem Bau-Bataillon eingesetzt, doch als im Jahr darauf in Europa die Waffen zu sprechen beginnen, zieht es den Spross einer militärbegeisterten Familie nun auch selbst an die Front. Seinen Kampfeinsatz beginnt Müller im Herbst 1939 in einer Artillerie-Einheit an der schlesisch-polnischen Grenze, später findet er Verwendung bei den Panzerjägern. Bis 1945 dient Müller an verschiedenen Kriegsschauplätzen in Polen, Frankreich und an der Ostfront. Für seine soldatischen Leistungen wird er mit den Eisernen Kreuzen I. und II. Klasse sowie mit dem Verwundetenabzeichen in Silber ausgezeichnet.

Bei Kriegsende wird Müller als Oberfähnrich mit einem Steckschuss in der Wirbelsäule aus Ostpreußen evakuiert und landet in einem Feldlazarett im hessischen Langen. Er gerät in us-amerikanische Kriegsgefangenschaft, 1947 erfolgt die Entlassung aus dem US-Internierungslager in Darmstadt. Eine Rückkehr ins zivile Leben ist für den militärbegeisterten Preußen trotz der Niederlage des Zweiten Weltkrieges jedoch nicht denkbar. Das Leben des Siegfried Müller besteht aus Uniformen, Rangabzeichen, Befehl und Gehorsam, und dafür nimmt er es auch in Kauf, dass er seine Leidenschaft vorerst nur in den Diensten des ehemaligen Feindes ausleben kann.

Ab 1948 diente Müller bei den „amerikanischen Dienstgruppen“ („Labor Service Units“), die dafür zuständig waren, die Besatzungstruppen der Siegermächte mit verschiedenen Hilfstätigkeiten zu unterstützen. Bei der sogenannten „Industriepolizei“ („Industrial Police“) brachte er es als „Chief Watchman“ bis zum Oberleutnant. Auch für die Bonner Regierung war Müller tätig: Im „Amt Blank“, der Vorgängerinstitution des Verteidigungsministeriums, verfasste er militärische Ausarbeitungen, unter anderem über die Verwendung von Panzerabwehrwaffen.

Doch was brachte den Liebhaber alles Militärischen dazu, sich nach Kriegsende den ehemaligen Feinden dienstbar zu machen? Zunächst einmal war Müller nie überzeugter Nationalsozialist, wohl aber kompromissloser Antikommunist. Es ist also gut möglich, dass er sich nach der Devise „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ im heraufziehenden Kalten Krieg für die NATO und für die USA entscheidet, um nun den Kampf gegen die bolschewistische Bedrohung im Namen des vorgeblich „freien Westens“ weiterzuführen.

Müller beim Hissen einer Flagge mit dem preußischen Adler in Südafrika

„Mad Mike“ und das 5. Kommando

Doch seine Karriere als Krieger für den „freien Westen“ erhält Mitte der 50er-Jahre einen schweren Dämpfer: Müllers Versuch, der neugegründeten Bundeswehr beizutreten, wird aufgrund seiner schweren Kriegsverletzung negativ beschieden. Desillusioniert kehrt der Mittdreißiger der Bundesrepublik den Rücken und geht nach Libyen, gewissermaßen als Aufräumkommando Erwin Rommels. Im Auftrag einer Erdölfirma räumt er Minen aus dem Zweiten Weltkrieg, die das deutsche Afrikakorps dort gelegt hatte. 1962 emigriert er mit seiner Ehefrau und seiner kleinen Tochter in den südafrikanischen Apartheid-Staat, wo er in einem Hotel eine Anstellung als Assistent des Managements findet – nach eigenen Angaben nahm Müller jedoch lieber die Hotelbar unter seine Fittiche. Beinahe hätte ihn das Zivilleben doch noch verschlungen, wäre ihm nicht angeboten worden, seine militärischen Kenntnisse nun auf einem neuen Schlachtfeld anwenden zu können: im zentralafrikanischen Kongo.

Der Kongo war erst im Juni 1960 von Belgien unabhängig geworden. Mit der plötzlichen Eigenverantwortung und der damit verbundenen Macht restlos überfordert, verstrickten sich die Einwohner in zahllose Konflikte und Bürgerkriege, die als „Kongo-Krise“ oder „Kongo-Wirren“ in die Weltgeschichte eingehen sollten. Nachdem sich die südkongolesische Bergbauprovinz Katanga unter dem Hasardeur Moïse Tschombé abgespalten hatte und eine UN-Friedensmission keinen wirksamen Widerstand gegen die Sezessionsbewegung leisten konnte oder wollte, suchte die kongolesische Zentralregierung unter Präsident Joseph Kasavubu und dem jungen, charismatischen Ministerpräsidenten Patrice Lumumba Unterstützung und Schutz bei der Sowjetunion. In der Folgezeit geriet der Kongo zum Schlachtfeld des globalen Kalten Krieges, zumal die USA aufgrund der großen Cobalt- und Uran-Vorkommen größtes Interesse daran hatten, das Land als westliche Einflusszone unter Kontrolle zu behalten.

Kasavubu und Lumumba verstrickten sich derweil in der Hauptstadt Léopoldville (das heutige Kinshasa) in persönliche Auseinandersetzungen und erklärten sich gegenseitig für abgesetzt. In dieses sich abzeichnende Machtvakuum stieß der pro-westliche Oberst Mobutu Sese Seko, der sich in Absprache mit der CIA an die Macht putschte und den pro-sowjetischen Volkstribun Patrice Lumumba nach Katanga verschleppen ließ, wo er von Anhängern Tschombés ermordet wurde. Gleichwohl bildeten Anhänger Lumumbas im Ostteil des Landes eine Gegenregierung mit Antoine Gizenga an der Spitze.

Der Ausbruch der sogenannten „Simba-Rebellion“ zur Jahresmitte 1964 sollte schließlich dazu führen, dass ein noch unbekannter ehemaliger Oberfähnrich der Deutschen Wehrmacht erstmals kongolesischen Boden betrat…

Ende der Leseprobe, der vollständige Beitrag ist nachzulesen in der aktuellen N.S. Heute-Ausgabe #34:

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1 Gedanke zu „Der letzte Landsknecht: Zum 40. Todestag von „Kongo-Müller““

  1. In der damaligen Ostzone lebend, weiß ich genau, wie im „Untergrund“ der Major Müller beliebt war. Bei mir hat er ebenfalls noch heute Bewunderung….

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