Wladimir Putin und das Narrativ vom „jüdischen Neonazi“ – Ein Erklärungsversuch

Seit Beginn des russisch-ukrainischen Krieges am 24. Februar 2022 geistert ein Gespenst durch die internationale Medienlandschaft, welches bei den meisten Menschen Kopfschütteln verursacht, nämlich das des „jüdischen Neonazis“. Skizziert wurde es von Wladimir Putin und seinem Umfeld in Bezug auf die meist jüdischstämmige Regierung der Ukraine.

Wer sich intensiv mit der Geschichte und politischen Weltanschauungen auseinandergesetzt hat, dem ist sicherlich klar, dass auch ein Mensch jüdischer Abstammung durchaus nationalsozialistische Standpunkte vertreten kann. Der Nationalsozialismus und auch der Faschismus sind Ideologien, die so viele Teilbereiche des Lebens eines Volkes betreffen, dass einzelne Bausteine und Bereiche von so ziemlich jeder Spezies auf dem Planeten verwendet werden können. Somit ist es definitiv auch in Israel möglich, Versatzstücke der nationalsozialistischen Weltanschauung vorzufinden, beispielsweise im Hinblick auf die dortigen Rassengesetze, welche wohl in heutiger Zeit weltweit relativ einmalig sein dürften.

Eine groteske und undenkbare Situation wäre es aber, daraus zu schließen, dass diese Standpunkte innerhalb der jüdischen Gesellschaft offen als nationalsozialistisch bezeichnet oder gar propagiert würden oder es gar zu einer Verwendung historischer NS-Symbole wie dem Hakenkreuz, SS-Runen oder der Schwarzen Sonne kommen würde. Umso verwunderlicher ist in diesem Zusammenhang die Kreml-Propaganda bezüglich der „Entnazifizierung“ der Ukraine als Ziel des dort geführten Krieges.

Sicherlich ist das Wissen um geschichtliche und politische Hintergründe in der breiten Bevölkerung des „Westens“ nicht sehr tiefgreifend. „Nazi“ und „Jude“ sind für 99 % der Menschen zwei nicht miteinander vereinbare Gegensätze wie Tag und Nacht oder Gott und Teufel. Von daher schütteln darum auch 99 % der Menschen verständnislos den Kopf und suchen nach Erklärungen, wenn die russische Propaganda das Narrativ vom jüdischen Neonazi verbreitet, welcher die Ukraine regieren würde. Um dieses Narrativ zu verstehen, bedarf es aber eines anderen Blickwinkels als den der Position des Westens. Es ist unerlässlich, hierfür auch den Blickwinkel der Völker der ehemaligen Sowjetunion zu betrachten, für die diese Propaganda zugeschnitten ist, sowie die Person des Wladimir Putin selbst.

Die bisherigen Erklärungsversuche der westlichen Medien, Putin wäre dumm und verrückt, sind dabei sicherlich kein ernstzunehmender Ansatz, sondern auch nichts weiter als Propaganda der Gegenseite. Das erste, was nämlich in einem Krieg auf der Strecke bleibt, ist die Wahrheit; an ihre Stelle rückt immer die Propaganda der jeweiligen Seite, und da nehmen sich Westen und Osten nicht viel. Versuchen wir also, jenseits dieser Propaganda einen klaren Blick zu erlangen.

Das politische Lagebild in der Ukraine

In der Ukraine dürfte es nicht mehr Nationalsozialisten oder wesensverwandte Ideologien geben als in Europa, Russland oder der USA. Der prozentuale Anteil der Menschen mit entsprechender Weltanschauung dürfte hier in etwa gleich sein. Entsprechende Parteien sind in der Ukraine in der Vergangenheit an der dortigen Fünf-Prozent Hürde gescheitert. Einen Unterschied zu anderen Ländern stellt lediglich das Asow-Regiment dar. Dieses von den nationalistischen Politikern Oleh Ljaschko und Dmytro Kortschynskj 2014 gegründete Regiment wurde anfangs von dem jüdischen Oligarchen Ihor Kolomojskj finanziert. Letzterem sagt man auch eine nicht unerhebliche Unterstützung für Wolodymyr Selenskyj nach.

Zweck des Freiwilligenregimentes Asow war der Kampf gegen prorussische Separatisten im Osten der Ukraine. Dabei fielen die Asow-Angehörigen immer wieder durch die Verwendung nationalsozialistischer Symbole auf, was für internationale Kritik sorgte, sowohl aus dem Westen als auch aus Russland, welches die Symbolik als Beweis für eine „neonazistische Ukraine“ anführte. Tatsächlich wurden entsprechende politische Tendenzen innerhalb des Asow-Regiments seitens der ukrainischen Regierung aber nach Möglichkeit unterdrückt und die militärische Spezialisierung gefördert. Das Regiment wurde in der Folge im Verlaufe des russisch-ukrainischen Krieges zur Verteidigung der Hafenstadt Mariupol eingesetzt und dabei größtenteils aufgerieben. Viele seiner Angehörigen fielen oder gerieten in russische Gefangenschaft.

Durch die zähe Verteidigung der Stadt Mariupol wurden einerseits eine bedeutende Anzahl russischer Kräfte gebunden, andererseits das Asow-Regiment aufgerieben, kritische Stimmen sprechen auch vom „Verheizen“ dieses Regiments durch die ukrainische Regierung. Fakt ist, dass Asow politisch für die Ukraine in der Vergangenheit keine größere Rolle spielte und auch gegenwärtig als politisch relativ bedeutungslos zu betrachten ist. Die Bedeutsamkeit des Regiments ist im militärischen Bereich sicherlich gegeben, im politischen Wirken der Ukraine aber kaum wahrnehmbar. Weitere politische Fakten in der Ukraine, welche die russische Propaganda von einem „Neonazi-Regime“ stützen würden, sind nicht zu erkennen.

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Die Bevölkerung Russlands als Adressat der Kreml-Propaganda

Um die Propaganda des Kreml zu verstehen, sollte man nicht versuchen, diese mit den uns vertrauten westlichen Standpunkten zu erklären, denn die Unterschiede sind hierfür einfach zu groß. Während der Nationalsozialismus für westlich-kapitalistische Regime eine Gefahr ist, die stets von innen aus dem eigenen Volk heraus entsteht, ist er für die östlichen, jetzt autokratisch-kapitalistischen Systeme stets eine Gefahr gewesen, welche von anderen Völkern aus westlicher Richtung kam. Durch den Krieg 1941-45 gegen die Sowjetunion ist dort die Angst vor dem Faschismus respektive Nationalsozialismus immer noch etwas Allgegenwärtiges. Nicht umsonst wurde die Berliner Mauer als „antifaschistischer Schutzwall“ bezeichnet.

Im „Großen Vaterländischen Krieg“, welchen Josef Stalin ausgerufen hatte, waren alle Bewohner des Vielvölkerstaates UdSSR vereint und kämpften zusammen für ein großes, gemeinsames Ziel: den Kampf gegen den invasiven, faschistischen Feind. Diese gemeinsame Aufgabe, welche siegreich beendet wurde, war identitätsstiftend und hielt die Sowjetunion auch noch Jahrzehnte nach Ende dieses Krieges zusammen. Das erneute Heraufbeschwören einer faschistischen Gefahr, direkt im Nachbarland Ukraine, ist ein sehr wirksames propagandistisches Element, sich die Zustimmung der eigenen, politisch uninformierten Massen im Volk zu sichern, oder besser gesagt in den eigenen Völkern, denn Russland besteht aus zahlreichen Ethnien.

Ebenso muss beachtet werden, dass das „jüdisch sein“ in Russland keine besondere Bedeutung hat – wie beispielsweise in Deutschland und vielen anderen Ländern –, weder im positiven noch im negativen Sinne. Eine diesbezügliche Sensibilisierung wie etwa in Deutschland ist in Russland nicht vorhanden. Der Großteil der russischen Bevölkerung wird nicht einmal wissen, dass Wolodymyr Selenskyj, Ihor Kolomojskj oder die Klitschko-Brüder jüdischer Abstammung sind; es ist dort nicht von Interesse und wird natürlich auch von staatlicher Seite nicht betont.

Die russische Propaganda gegen die ukrainische Regierung ist wesentlich subtiler. So ist der russischen Bevölkerung beispielsweise mehrheitlich bekannt, dass Selenskyj kokainabhängig sei, was wiederum in Deutschland als Fake News bezeichnet wird. In der russischen Propaganda ist Selenskyj somit ein irrer, drogensüchtiger Neonazi, während er in der westlichen Propaganda als der Retter der Ukraine und der westlichen Wertegemeinschaft gilt und eben jüdischen Glaubens ist. Somit klingt die Argumentation vom Neonazi-Regime auf Kokain, welches die Ukraine beherrscht und eine Bedrohung darstellt (da vom Westen hochgerüstet), für die meisten Russen durchaus plausibel, während man hierzulande darüber den Kopf schüttelt.

Die Person Wladimir Putin

Ein recht schwieriger Punkt, denn Putin hat bis auf einige Aufsätze, unter anderem zur Kriegsschuld am Zweiten Weltkrieg, auf welchen im Westen sehr kontrovers reagiert wurde, kaum Schriften verfasst, welche ihm zu 100 % zugeordnet werden können. Bei den von ihm gehaltenen Reden und verfassten Aufsätzen ist es nicht eindeutig, ob sie gänzlich aus seiner Feder stammen oder von anderen, zumindest teilweise, für ihn verfasst wurden, wie es in der heutigen Zeit oft bei führenden Politikern der Fall ist. Ein Buch oder eine größere Arbeit, in der er seine Weltanschauung darlegt, hat er nie geschrieben. Unser tatsächliches Wissen über ihn ist also nicht sehr faktenreich und beruht oft auf russischer oder westlicher Propaganda.

In der westlichen Propaganda wird er oft als krank, wahnsinnig oder dumm dargestellt, ohne dass diese Behauptungen mit überprüfbaren Argumenten und Quellen versehen werden. Dass es sich bei ihm um keinen dummen Menschen oder Wahnsinnigen handelt, dürfte sich schon aus seiner Position und Stellung in der Welt erklären, welche er sich selbst erkämpft hat. Ansonsten ist es sehr schwer, faktenbasiertes Wissen über seine Person zu bekommen. Einzig, dass es sich bei ihm um einen Geheimdienstler handelt, welcher alle Tricks und Raffinessen der Geheimdienste in- und auswendig kennt und nach ihren ureigensten Gesetzen lebt und handelt, dürfte sicher sein, denn seine berufliche Laufbahn und Herkunft ist der KGB. Und genau hier tangieren wir einen sehr wichtigen Punkt, um ihn und seine Propaganda einzuordnen.

Jeder, der sich intensiver mit dem Wirken von Geheimdienstlern beschäftigt hat, kennt ihre Vorgehensweise: Täuschen, Desinformation, Nebelkerzen zünden und schauen was passiert; immer vorgehen nach dem Motto, dass Widersprüche keine große Rolle spielen und irgendetwas schon hängenbleibt, Zweifel sähen und den Gegner lähmen – all das das sind die üblichen Methoden ALLER Geheimdienste. Von daher ist es müßig, in den Aussagen eines gelernten Geheimdienstlers von der Pike auf, nach etwaigen Widersprüchen wie eben dem vom jüdischen Neonazi auf Koks zu suchen.

Als weltanschaulich hundertprozentig festgelegte Menschen bevorzugen gerade wir nationale Sozialisten natürlich auch eine hundertprozentige klare Aussage in unseren kommunizierten Worten. Aufgrund dieses unseres Standpunktes können wir derart klare Aussagen aber nicht automatisch von anderen erwarten, welche nach völlig anderen Gesichtspunkten handeln. Vielmehr müssen wir unklare Aussagen und Widersprüche in diesem Fall einfach als gegeben hinnehmen, anstatt nach einem tieferen Sinn als lediglich ihrem momentanen, propagandistischen Zweck zu suchen.

Wichtigstes Fazit unserer Betrachtung der momentanen Äußerungen aus dem Kreml oder der Propaganda der westlichen Regime sollte es daher sein, dass in jedem Krieg das erste Opfer eben die Wahrheit ist.

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #32

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2 Gedanken zu „Wladimir Putin und das Narrativ vom „jüdischen Neonazi“ – Ein Erklärungsversuch“

  1. Warum schreiben Sie, dass Ljaschko und Kortschiyskj Azov gegründet haben? Der Gründer von Azov ist Andrej Biletskij. Azov hat kein Geld von Kolomojskij bekommen. Überprüfen Sie bitte die Quellen, bevor Sie einen Artikel veröffentlichen.

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  2. Was man nicht vergessen sollte ist, dass Vladimir Zelenskij eigentlich versprochen hatte mit Donbass Frieden zu schliessen, doch er wurde vom Westen gekauft und es kam nie dazu.
    Ein Komiker kann man schnell Kaufen.
    Die Schuld liegt meiner Ansicht nach bei den Amerikaner

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