Besprechungen #18: Dirk Bavendamm – Der junge Hitler

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Die Biographik über den jungen Hitler, genauer gesagt über die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und bevor er „beschloss, Politiker zu werden“, ist neben den autobiographischen Ausführungen in „Mein Kampf“ vor allem geprägt durch die Erinnerungen seines Jugendfreundes August Kubizek, mit dem der spätere „Führer und Reichskanzler“ in Wien zeitweise in einer Wohngemeinschaft lebte. Nach siebenjähriger Recherche- und Autorenarbeit legte Dirk Bavendamm im Jahr 2009 im renommierten österreichischen Ares-Verlag sein voluminöses Werk „Der junge Hitler. Korrekturen einer Biographie 1889-1914“ vor.

Der Autor, Jahrgang 1938, ist promovierter Philosoph und arbeitete nach seiner Dissertation als Redakteur bei der ZEIT, der WELT, der Süddeutschen Zeitung sowie beim Norddeutschen und beim Westdeutschen Rundfunk. Bavendamm publiziert vor allem im Bereich der Unternehmens- und Zeitgeschichte, unter anderem forschte er für den Bertelsmann- und den Oetker-Konzern. Als Bavendamm in den 80er-Jahren damit begann, über die Ursachen des Zweiten Weltkriegs zu recherchieren und die Mär von der Alleinkriegsschuld Deutschlands ins Reich der Legenden verwies, fiel er beim BRD-Establishment in Ungnade, wo er fortan als „Geschichtsrevisionist“ gescholten wurde.

Nun aber zum Buch selbst: Der 600-Seiten-Schinken gliedert sich grob in drei Teile: als erstes der lebensgeschichtliche Rahmen als Biographie im engeren Sinne, zum zweiten die Darstellung der Beziehung Hitlers zu wichtigen zeitgenössischen politischen und künstlerischen Autoritäten sowie zuletzt eine themenzentrierte Zusammenfassung der zuvor gewonnenen Erkenntnisse. Das Werk ist nicht nur die wahrscheinlich ausführlichste publizistische Betrachtung des jungen „Hitler Adolf“, sondern es hebt sich durch seinen bemerkenswert unaufgeregten Stil wohltuend von der politisch korrekten Hitlerbiographik ab. Während es der linkslastigen Historikerzunft oftmals nur darum geht, mit triefendem Hass auch die ersten 25 Jahre im Leben von Adolf Hitler zu verunglimpfen, verfolgt Bavendamm selbst keine politische Agenda, sondern nähert sich tiefschürfend, jedoch mit der gebotenen Distanz dem jungen Mann, dem es als „glückliche Bestimmung“ galt, dass das Schicksal ihm „zum Geburtsort gerade Braunau am Inn zuwies“.

Der kritische Leser sollte bei der Lektüre aber trotzdem immer mit einem Auge auf die Fußnoten schauen, da der Autor auch einigen sehr unzuverlässigen Quellen unverständlich viel Platz einräumt, namentlich dem missratenen Hitler-Neffen William Patrick Hitler sowie dem Gelegenheitsarbeiter Reinhold Hanisch, ein zeitweiliger Geschäftspartner Hitlers zu dessen Zeit im Männerwohnheim in der Wiener Meldemannstraße. An manchen Stellen neigt der Autor zum Spekulieren, wobei er allerdings so ehrlich ist, seine Vermutungen auch als solche zu kennzeichnen, während gewisse Epigonen der BRD-Historikerzunft ihre bloßen Mutmaßungen der Öffentlichkeit nur allzu gerne als vermeintlich offenkundige Fakten präsentieren. Trotz der genannten Mängel und einigen, der Dreiteilung des Buches geschuldeten Wiederholungen, ist das vorliegende Werk eine Pflichtlektüre für jeden Leser, der sich tatsächlich intensiv mit dem Leben, Denken und Handeln des Hitlers jener Jahre beschäftigen will, in denen er die weltanschaulichen Grundlagen für sein späteres „granitenes Fundament“ entwickelte.

Doch was genau sind eigentlich die „Korrekturen“ an der Hitler-Biographie, die im Untertitel des Buches angekündigt werden? – Bavendamm weist zum Beispiel nach, dass der junge Hitler nicht etwa der verarmte und zerlumpte Lebensversager war, als den ihn linkslastige Schreiberlinge so gerne sehen würden, sondern dass der spätere Reichskanzler freiwillig das Leben eines bildungshungrigen Bohemiens und Bonvivants führte, da er aufgrund seiner Waisenrente und finanziellen Zuwendungen seiner Tante nicht auf ein eigenes Einkommen angewiesen war. Zudem wird erstmals in dieser Deutlichkeit nachgewiesen, dass Hitlers frühe Beschäftigung mit der klassischen Hochkultur für sein späteres politisches Weltbild wesentlich prägender war als gemeinhin angenommen. Wer sich mit diesen und anderen Aspekten der Hitler-Biographie intensiver beschäftigen will, dem sei das Buch definitiv empfohlen.

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #20/21

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