Rechte Westflucht wagen …oder lieber standhaft bleiben?

Der folgende Artikel soll nicht das Projekt des „Zusammenrückens“ in Mitteldeutschland als solches kritisieren, sondern alternative Sichtweisen und Aspekte aufzeigen, die in Diskussionen oft außer Acht gelassen werden.

Ein Umzug in mitteldeutsche Gebiete bedeutet oftmals, den Freundes- und Familienkreis hinter sich zu lassen. Das sind Strukturen und Ressourcen, die an anderer Stelle erst aufgebaut werden müssen, beziehungsweise nur über eine größere Entfernung dauerhaft bestehen. Solange alles funktioniert, mag das auch gar kein Problem sein, doch wir wissen alle, dass das Leben nicht immer gut läuft. Wir brauchen hier und da mal Unterstützung oder unsere Freunde und Familie, besonders in Krankheitsfällen. Egal wo die Unterstützung gebraucht wird, je mehr Kilometer dazwischenliegen, desto schwieriger gestaltet sich die Unterstützung. Da wird die Spontanität allein durch die Rahmenbedingungen des Alltags auf die Probe gestellt.

Die Arbeitsplatzkultur gilt in Westdeutschland als besser ausgebildet, so ist beispielsweise das Lohnniveau im Westen immer noch höher. Aber auch die Arbeitsplatzdichte und -nähe ist ein nicht unwesentlicher Faktor. Wer hat schon Lust, seine Freizeit im Auto zu verbringen, nur um Lohnarbeiten zu müssen. Das ist Zeit, die man besser mit der Familie, Sport, Freunden oder sonstigen Freizeitbeschäftigungen füllen kann. Viel im Gespräch, viel kritisiert – zu Recht und auch bundesländerübergreifend: der ÖPNV. Er ist (sagen wir mal) ausbaufähig. Die Kinder aber nicht überall mit dem Auto hinfahren zu müssen oder selbst am Abend, am Wochenende oder auch für die Arbeit einfach mal den ÖPNV zu nutzen und die aktive beziehungsweise Selbstfahrzeit zu reduzieren und währenddessen ein Buch oder Hörbuch zu konsumieren, ist ganz bestimmt keine ineffektive Gestaltung der Fahrtzeit.

Um nicht viele Worte zu verschwenden, das Gesundheitssystem in Deutschland ist mangelhaft. Versorgungslücken sind auch in Großstädten immer mehr die Regel. Dennoch ist das medizinische Versorgungsnetz im Westen dichter. Bleiben wir bei Gesundheit im weiteren Sinn: Das Sportangebot mit den dazugehörigen Sportvereinen ist in den letzten Jahren immer mehr von Fördertöpfen und Jahres- oder Projektfinanzierungen abhängig. Der Anteil der Sportvereine sowie auch die Zahl der Mitglieder wächst im gesamten Gebiet der BRD, bleibt aber in den „alten Bundesländern“ weiterhin besser ausgestattet. Das Gebiet der ehemaligen DDR profitiert hier noch von den im damaligen System errichteten Olympia-Sportzentren, welche heute noch genutzt werden – durchaus erfolgreich. Dennoch lässt sich im Breitensport einiges ausbauen.

Theater, Lesungen, Musikveranstaltungen, Kleinkunst, Ausstellungen, Filmfeste usw. sind in Mitteldeutschland – leider! – oft nur in größeren Städten zu finden. Dabei sind dies immer Orte, an denen man mit neuen Leuten ins Gespräch kommen kann. Kulturveranstaltungen helfen auch mal, aus der alltäglichen Routine zu kommen, den Horizont zu erweitern und zu lernen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Freizeitgestaltungsmöglichkeiten für die einen auch immer Lohnarbeitsmöglichkeiten für die anderen sind.

Kommen wir zur Gestaltung des Politischen: Leider sind es ja eher die Ausnahmen, die nach dem Weggang aus westdeutschen Gefilden in ihrer neuen Heimat aktiv Politik betreiben. – Und nein, nur weil Ihr jetzt auch hier oder da mal auf einer Demo von den Freien Sachsen wart, bedeutet es nicht, dass Ihr da was Großes mit aufgebaut habt. Wobei hier auch ganz klar auf den starken Populismus der Partei hingewiesen werden muss, welcher doch häufig, besonders bei den Idealisten, ein Dorn im Auge ist. Aber es ist ja immer einfach, erst dann aufzuspringen, wenn der Wagen bereits läuft, als ihn selbst anzuschieben oder aktiv am Laufen zu halten. Enttäuschenderweise ist bei vielen Leuten, die – mitunter aus guten Gründen – nach Mitteldeutschland abgewandert sind, zu beobachten, dass die politische Aktivität eingestellt wurde. Hier oder da vielleicht ein Besuch bei einem Konzert, aber aus dem Westen wegzuziehen und sich ein ruhiges Leben zu machen ist nichts weiter als pure Bequemlichkeit – auch wenn das Wohl der Kinder vorgeschoben wird.

Was wäre denn, wenn alle Nationalen oder alle Deutschen in die ehemaligen Gebiete der DDR ziehen würden? Westdeutschland wäre verloren. Bewusst aufgegeben worden. Dabei geht es nicht darum, jeden Kampf zu kämpfen. Auch hier gilt, wie immer: Wähle deine Kämpfe weise, du musst nicht jeden Kampf austragen! In der Politik geht es nicht um Bequemlichkeit, und das gilt umso mehr, wenn ich einen Lebensstil idealisiere, welcher mit gewissen Ansprüchen verknüpft ist. Diese gelten übrigens besonders für einen selbst – egal wo, und zwar abseits von Parteiarbeit, die je nachdem als sinnvoll oder unnötig erachtet werden darf.

Direkten Einfluss auf Leute außerhalb meiner Blase habe ich durch Graswurzelarbeit. Überall im Dorf oder in der Stadt kann ich mich in Projekte einbringen oder selbst welche anstoßen. Allerdings gilt hier der Grundsatz „mehr Zähne als Szene“. Ja, wenn ich direkt mit entsprechender Szenekleidung, Sprachgebrauch und Auftreten in anderen Milieus agiere, kommt das oftmals nicht so gut an – auch nicht bei Leuten, die so denken wie wir. In Stadtteilprojekten gibt es die Möglichkeit, durch Anwohner die Gestaltung des Viertels, zum Beispiel Begrünung, Spielplätze, Fahrradwege und Parkanlagen mitzugestalten.

Gute Projekte, um sich auszutauschen, zu vernetzen und eine Alternative zu bieten – und wenn es nur der Anstoß zum selbstständigen Handeln ist –, können Reparaturstuben, Unverpackt- oder Tauschläden sein. Sich mit Nachbarn zusammenschließen und einen Straßenflohmarkt organisieren, den hässlichen Grünstreifen bepflanzen oder gar der Aufbau einer Nachbarschaftshilfe. Es muss nicht immer etwas Riesiges sein, besonders für einen selbst ist es schön, wenn man ein kleines Projekt erfolgreich abgeschlossen hat. Hier geht es in erster Linie darum, einen sinnvollen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Zeitgleich bietet es aber auch die Möglichkeit, mit Klischees aufzuräumen oder diese gar nicht erst entstehen zu lassen. Denn die eigene Identität sollte aus mehr bestehen, als sich als „Nazi“ zu identifizieren. Wenn du der nette Nachbar von nebenan bist und die Leute die Mühe und Arbeit sehen oder vielleicht gar deine Hilfe in Anspruch genommen haben, werden sie sich weniger von dir distanzieren als bei der Parteiarbeit.

Vernünftige Projekte lassen sich überall aufbauen: Familienkreise, Gemeinschaftsfeiern, Konzerte, Volkstanz sowie andere Aktivitäten und Zusammenkünfte leben immer davon, wie wir sie gestalten. Das sind dann so einfache Entscheidungen wie die Frage, was ich anziehe, was als Essen angeboten wird oder wie viel beziehungsweise ob überhaupt Alkohol getrunken wird. Wir können immer nur das nach außen geben, was wir auch selbst darstellen, worum wir uns selbst bemühen. Keine vernünftigen Eltern nehmen ihre Kinder mit auf Brauchtumsfeiern, wo die Leute schon vor der Feierstunde betrunken sind, das Essen und Trinken ungesund ist und es keine Spielmöglichkeiten für Kinder gibt.

Wir sollten uns alle ein wenig mehr auf uns selbst und unseren Kreis konzentrieren und versuchen, dort zu wirken, positiven Einfluss auszuüben und auch uns selbst weiterzuentwickeln. Auch (oder gerade dann) wenn das heißt, dass wir bestimmte Leute aussortieren. Es ist alles eine Sache des Standpunktes, unserer Werte und Ideale und wie wir sie selbst umsetzen. Dafür sind keine anderen Leute verantwortlich.

Micha Müller

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #37

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