Tod im Gefängnis: Am 15. März 1985 starb Walther Kexel – ein ungeklärtes Kapitel der Bewegung

Walther Kexel

Am 15. März 1985 wurde der 23-jährige Walther Kexel erhängt in seiner Gefängniszelle gefunden. Einen Tag zuvor war er wegen Sprengstoff-Anschlägen auf amerikanische Besatzungstruppen und Banküberfällen zu 14 Jahren Haft verurteilt worden. Hat Walther Kexel aus Verzweiflung über die hohe Gefängnisstrafe seinem Leben ein Ende gesetzt – oder wusste er zuviel und wurde deshalb aus dem Weg geräumt?

Walther Kexel, geboren am 8. Oktober 1961 in Frankfurt am Main, gelernter Elektroniker, war bis zum Verbot im Januar 1982 Mitglied der VSBD/PdA und dort zeitweise Schriftleiter des Parteiorgans „Der Weg“. Zur Jahreswende 1981/82 lernte Kexel den gerade aus der Haft entlassenen Odfried Hepp kennen, der mit ihm bald darauf den Kern der sogenannten „Hepp-Kexel-Gruppe“ bildete. Die zuletzt aus sechs Personen bestehende Gruppe hatte sich den militanten Kampf gegen die US-amerikanischen Besatzungstruppen auf ihre Fahnen geschrieben. Im April 1982 begann die Gruppe zunächst mit Banküberfällen zur Finanzierung ihres Lebens im Untergrund und erbeutete dabei insgesamt fast 630.000 Mark.

Bevor die Hepp-Kexel-Gruppe in den Untergrund abtauchte, veröffentlichte sie am 30. Juni 1982, dem Jahrestag des sogenannten „Röhm-Putsches“, das von Hepp verfasste Positionspapier „Abschied vom Hitlerismus“. In der auf YouTube abrufbaren Dokumentation „Der Rebell“ aus dem Jahr 2006 wird das Traktat als „das einzige theoretische Papier des rechtsextremen Terrors in Deutschland“ bezeichnet. Interessanterweise wurde der komplette Text seinerzeit sogar in der „taz“ veröffentlicht. Inhaltlich wendet sich das Positionspapier, wie der Titel schon sagt, gegen den Nationalsozialismus Hitlerscher Prägung. Hepp forderte darin einen nationalrevolutionären, antiimperialistischen Befreiungskampf gegen die US-amerikanische Besatzung und bot der Roten Armee Fraktion (RAF) den Schulterschluss zum gemeinsamen Kampf an. Arndt-Heinz Marx, der mit Walther Kexel vor dessen Abtauchen in den Untergrund in gutem Kontakt stand, sagte im Gespräch mit der N.S. Heute, dass Hepp eine Art „deutsche PLO“ gründen und nach deren Vorbild einen Untergrundkrieg gegen die US-Besatzer führen wollte, um diese aus Deutschland herauszubomben. Es ist also nicht überraschend, dass die Mitglieder der Hepp-Kexel-Gruppe nach der Veröffentlichung ihres „Abschiedes vom Hitlerismus“ in der nationalen Bewegung als ideologische Abweichler galten.

Was übrigens erst in den 1990er-Jahren bekannt wurde: Odfried Hepp war bereits seit Februar 1982 Inoffizieller Mitarbeiter (IM) des „Ministeriums für Staatssicherheit“ der DDR gewesen. Als „IM Friedrich“ war Hepp der wichtigste Stasi-Informant über die nationale Bewegung der BRD. Später gab er als Motiv für die merkwürdige Querverbindung an, er habe gewisse Sympathien für den kommunistischen Staat gehegt, weil die DDR nationale Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt unterstützt habe. Jedenfalls ist die Stasi-Tätigkeit des Odfried Hepp ein weiteres, äußerst merkwürdiges Kapitel in der Geschichte der Bewegung.

Im Herbst 1982 legte die Hepp-Kexel-Gruppe (angeblich ohne Wissen und Wollen der Stasi) richtig los und verübte im Rhein-Main-Gebiet zwischen Oktober und Dezember 1982 insgesamt elf Sprengstoffanschläge auf US-amerikanische Soldaten und Einrichtungen. Den Sprengstoff hatte die Gruppe in einer konspirativ angemieteten Wohnung in einem Frankfurter Apartment-Hochhaus aus dem Pflanzengift „Unkraut Ex“ und Puderzucker gemischt. Die daraus gebastelten Bomben wurden heimlich unter den Fahrersitzen von Autos der US-Besatzer deponiert und so präpariert, dass es beim Hinsetzen „knallte“. Mehrere GIs erlitten infolge der Anschläge schwere Verbrennungen und innere Verletzungen. Todesfälle gab es keine, was laut Hepp auch nie beabsichtigt war.

Da es keine Bekennerbriefe gab, vermuteten die Ermittler zunächst militante Linksextremisten der „Revolutionären Zellen“ hinter den Anschlägen. Allerdings verfolgte die Hepp-Kexel-Gruppe einen anderen Ansatz wie die Linksterroristen: Während die RAF und ähnliche Organisationen gezielt die „Köpfe“ des Systems attackierten, richteten sich die Anschläge von Hepp und seinen Mitstreitern willkürlich gegen einfache Besatzungssoldaten. Kein GI sollte sich mehr sicher fühlen, wodurch die allgemeine Bereitschaft der amerikanischen Soldaten, in der BRD ihren Dienst zu tun, schwinden sollte, so Hepp in „Der Rebell“.

Die militanten Aktivitäten der Hepp-Kexel-Gruppe waren allerdings nur von kurzer Dauer: Im Februar 1983 wurden zunächst drei Mitglieder der Gruppe in Frankfurt festgenommen, kurz darauf wurde Walther Kexel zusammen mit einem Mitstreiter in England verhaftet. Hepp war rechtzeitig nach Ost-Berlin geflohen und tauchte mithilfe der Stasi in der DDR unter. Schließlich wurde der Gruppe – mit Ausnahme des untergetauchten Odfried Hepp – am Oberlandesgericht Frankfurt am Main der Prozess gemacht. Walther Kexel wurde am 14. März 1985 zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. In der Nacht nach seiner Verurteilung fand man ihn erhängt in seiner Zelle.

Hat der junge Walther Kexel in einem Akt der Verzweiflung seinem Leben ein Ende gesetzt, weil er die Aussicht, die nächsten 14 Jahre im Gefängnis verbringen zu müssen, nicht verkraftet hat? Möglich ist es, allerdings hätte Kexel in Anbetracht des Umstandes, dass Gefangene direkt nach ihrer Verurteilung – zumal zu einer so hohen Haftstrafe – zum Selbstmord neigen, unter verschärfte Beobachtung gestellt werden müssen, um eben solche Verzweiflungstaten zu verhindern. Oder waren hier doch dunkle Mächte am Werk? – Angeblich hinterließ Kexel einen Abschiedsbrief, den Odfried Hepp allerdings gegenüber dem SPIEGEL als „übles Werk von Geheimdiensten“ und „äußerst plump gefälschten Abschiedsbrief ohne Datum und Unterschrift“ bezeichnete. Wusste Walther Kexel zuviel über die Verstrickung von DDR- und BRD-Geheimdiensten in die Hepp-Kexel-Gruppe und musste deshalb sterben? Die Wahrheit liegt wahrscheinlich für immer in irgendwelchen Geheimdienst-Archiven begraben.

Um auch die zweifelhafte Geschichte des Odfried Hepp zu Ende zu bringen: Dieser wurde nach diversen Unterstützungshandlungen für die Palästinensische Befreiungsfront (PLF) und einer Odyssee durch Syrien, Tunesien und Frankreich im April 1985 in Paris festgenommen und 1987 an die BRD ausgeliefert. Im Prozess sagte er umfassend gegen ehemalige Kameraden aus, erhielt dafür ein relativ mildes Urteil von 10,5 Jahren Haft und wurde 1993 entlassen. Heute lebt er ein bürgerliches Leben als Fachübersetzer, im Jahr 2011 trat er bei einer Podiumsdiskussion mit Karl-Heinz Hoffmann auf.

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Ergänzung: Odfried Hepp bat um die Veröffentlichung eines Leserbriefes zu dem oben stehenden Artikel. Dieser Bitte kommen wir hiermit nach:

Es ist in dem Artikel über Walther Kexel nicht alles korrekt:
So hatten wir Ende 1982 beschlossen, die illegalen Aktionen NICHT weiter fortzuführen, sondern am 8. Mai 1983 die legale Organisation zu gründen. Geld war ja nun ausreichend vorhanden.
Bis zu meiner Flucht in die DDR am 19.2.1983 befand ich mich nicht im Untergrund und lebte nicht illegal.
Ich habe nie an eine Terrorstrategie geglaubt, aber eben diese letzte Aktion mitgemacht, weil die Sachschadenanschläge von Walther (ohne mich!) gegen US-Army-Einrichtungen so große Wellen geschlagen hatten. Da wollten wir nochmal eins drauf legen.
Es stimmt auch nicht, wie fast überall behauptet wird, dass ich als „IM“ für die Stasi tätig war, sondern als „OP“ (Operativer Kontakt) geführt wurde. Ein IM der Stasi hatte einen Vertrag. Ich dagegen habe nie etwas unterschrieben oder mich zu irgendwas verpflichtet, außer Stillschweigen über unsere Zusammenarbeit zu bewahren, was ich bis zum Ende der DDR beibehielt. Es waren dann ein paar führende Stasileute, die postwendend zum BND/VS überliefen und alles verrieten. Erst dann machte ich notgedrungen meine Aussage, da sonst mein ganzer JVA-Vollzugsplan geplatzt wäre.
Zuletzt stimmt auch nicht, dass ich eine relativ milde Strafe bekommen hätte, denn das Gericht konnte meine 2 Jahre Auslieferungshaft in Frankreich nicht anrechnen, weil ich dort wg. falschem Pass zu zwei Jahren Haft verurteilt worden war. Deshalb erhielt ich 10 1/2 Jahre, sodass man zu diesen noch die 2 Jahre in französischer Haft hinzurechnen muss.
Und 12 1/2 Jahre hätte ich vermutlich vor dem OLG 1985 auch bekommen, 1 1/2 Jahre weniger als Walther, der immerhin der Bombenbauer und alleiniger Initiator der Anschläge war. Von seinen 11 antiamerikanischen Anschlägen habe ich nur einen einzigen und zwar erst den letzten aktiv mitgemacht. Für diesen Fehler bekam ich allein 9 Jahre Haft.
Die Wahrheit ist, dass ich für meine Aussagen zum Nachteil ehemaliger Kameraden von der Justiz keinen einzigen Tag Strafnachlass bekommen habe.
Das war auch nicht der Zweck meiner Aussagen, denn ich habe diese aus voller Überzeugung gemacht.
Insgesamt habe ich in meiner „Karriere“ 14 Jahre Haft bekommen und 10 davon verbüßt. 14 Jahre und ALLES aufgrund von Verrat durch Kameraden. Man kann sich denken, dass dies meine Achtung vor der Szene auf ein Minimum reduzierte. Nicht zuletzt hatte unser Libanonaufenthalt bei mir die Illusion von Kameradschaft und Anstand innerhalb der Szene völlig zerstört.
Nun kann die neue Generation daraus lernen und die richtigen Schlüsse ziehen. Und der wichtigste Schluss lautet:
„ILLEGALITÄT funktioniert NIE!!!“

Odfried Hepp, 15.3.2025

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2 Gedanken zu „Tod im Gefängnis: Am 15. März 1985 starb Walther Kexel – ein ungeklärtes Kapitel der Bewegung“

  1. Die NS-Bewegung hatte sich mit Michael Kühnen dagegen für den Weg des „offenen Bekenntnisses“ zum Nationalsozialismus entschieden.
    Als „Nationalsozialisten der neuen Generation“ machten wir klar,
    A)- daß die Weltanschauung des NS nicht mit der Erlebnisgeneration sterben wird.
    B) der NS eine lebendige und zunkunftsorientierte Weltanschauung ist mit ihrer im Grundsatz ewigen Gültigkeit
    Unter Kühnen hatten wir kein Verständnis für die Aktivitäten der Kexelgruppe.
    Es galt als Organisationsbefehl:
    -Keine Waffen
    -Keine Drogen
    -keine Beschaffungskriminalität zum Zwecke des Lebensunterhaltes (Aktionsbedingtes „Organisieren“ ist jedoch das Recht des nationalen Revolutionärs.. 😉
    -Gruss STEINER-
    T. wulff

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