Besprechungen #28: Dennis Krüger (Hrsg.) – Im Kampf um die Externsteine

Der wissenschaftliche Streit um die Externsteine, der in den 1920er- und 30er-Jahren geführt wurde, dauert im Prinzip bis heute an. Damals wie heute ging es dabei um die Frage: War die imposante Gesteinsformation am Rande des Eggegebirges, zwischen Detmold und Paderborn, eine frühgermanische Kultstätte oder handelt es sich um ein christliches, „mittelalterliches Heiligtum“, wie staatliche Historiker die Externsteine heute bezeichnen?

Einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der Externsteine-Forschung liefert der Bottroper Forsite-Verlag mit der Herausgabe der Aufsatzsammlung „Im Kampf um die Externsteine – Die Erforschung des Heiligtums im Spiegel der 1930er-Jahre“. Besonders hervorzuheben ist der Bericht über die Forschungsarbeiten in den Jahren 1934/35, die unter der Leitung des Universitäts-Professors Julius Andree (Münster) im Auftrag der lippischen Landesregierung durchgeführt wurden. Bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten hatte sich der Germanenforscher Wilhelm Teudt mit Ausarbeitungen über die Externsteine als „baulich-landschaftliches Zeugnis für wissenschaftlich-astronomische Betätigung in Germanien“ hervorgetan und sah sich hierfür schwersten Angriffe der christlichen Kirche ausgesetzt. Wo die Annahmen Wilhelm Teudts, der in dem Band selbst mit zwei Aufsätzen vertreten ist, in einigen Punkten noch spekulativ blieben, erfolgte die wissenschaftliche Erhärtung der These einer germanischen Kultstätte an den Externsteinen durch die publizierten Forschungsergebnisse der Jahre 1934/35.

Die archäologischen Arbeiten, die unter strengsten wissenschaftlichen Maßstäben durchgeführt wurden (unter anderem erfolgte erstmals eine gründliche Vermessung des gesamten Externsteine-Komplexes), förderten erstaunliche Erkenntnisse zutage. So war zum Beispiel der (seit langem zerstörte) Raum der Höhenkammer auf dem Turmfelsen, dem sogenannten Sacellum, auf die Sommer-Sonnenwende ausgerichtet, also auf einen Tag, der zu den bedeutsamsten Festen des alten Germanentums zählte. Bei Grabungsarbeiten vor dem christlichen Kreuzabnahmerelief fand man einen gewaltigen, in zwei Teile zerbrochenen germanischen Steintisch sowie eine Stätte vorchristlicher Baumsargbestattungen. Für die damalige Zeit sensationell war auch die Entdeckung eines Lochs aus vorgeschichtlicher Zeit auf der höchsten Spitze des Turmfelsens, der von den Forschern als Standort der sagenumwobenen, von Karl dem Franken zerstörten Irminsul gedeutet wurde.

Die von der nationalsozialistischen Forschung erbrachten wissenschaftlichen Erkenntnisse über eine frühgermanische, zumindest jedoch vorchristliche Kultstätte an den Externsteinen wurden nach 1945 kurzerhand in den Giftschrank geschlossen; fortan wurden nur noch die Leugner einer vorchristlichen Nutzung der Externsteine staatlich und kirchlich gefördert. Erst in jüngster Zeit setzt sich allmählich wieder eine unideologische, auch die vorchristlichen Aspekte der Externsteine berücksichtigende Forschung durch.

Mit der kompakten Aufsatzsammlung ist es dem Forsite-Verlag wieder einmal gelungen, der in staatlicher Forschung und Lehre grassierenden Germanenfeindlichkeit einige unumstößliche wissenschaftliche Erkenntnisse entgegenzusetzen. Wer den Externsteinen selbst schonmal einen Besuch abgestattet hat – am besten abseits der Touristensaison – und die Aura dieser einzigartigen Felsformation auf sich wirken ließ, wird auch selbst ein Gespür dafür bekommen, dass dort nicht nur mittelalterliche Mönche ihren Tätigkeiten nachgingen, sondern dass die kultische Nutzung der Externsteine auf eine viel, viel ältere, im Dunkel der Vorgeschichte verborgene Epoche zurückgeht.

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #15

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