„100 Jahre Marsch auf Rom“ (Teil 3/5): MVSN – Mussolinis Verfügungstruppe

Zum 100. Jahrestag der faschistischen Machtübernahme Benito Mussolinis durch den “Marsch auf Rom” am 27. Oktober 1922 veröffentlichen wir eine fünfteilige Serie über den italienischen Faschismus.

Teil 1: Fiume 1919/20 – Der Urknall der faschistischen Epoche in Europa

Teil 2: Der Marsch auf Rom – Die zweite Oktoberrevolution des 20. Jahrhunderts

Am 28. Dezember 1922 wurde unter dem Vorsitz von Benito Mussolini die Gründung der faschistischen „Milizia Volontaria per la Sicurezza Nazionale“ („Freiwilligenmiliz für Nationale Sicherheit“ – MVSN) beschlossen, die sich aus den Squadristi rekrutierte. Am 1. Februar 1923 trat der Beschluss in Kraft. Der Auftrag der Schwarzhemden-Miliz war die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Mit königlichem Dekret wurde die MVSN am 4. April 1924 ein Teil der italienischen Streitkräfte und somit neben Armee, Marine und Luftwaffe zum vierten Wehrmachtsteil. Der Wehrdienst konnte demnach auch in der MVSN abgeleistet werden. Besonders bei den Mitgliedern der faschistischen Partei und bei jungen Italienern war das Dienen in der Miliz attraktiv. Generalkommandeur war Benito Mussolini, unter ihm kam der Stabschef, der das Generalkommando innehatte.

Man orientierte sich beim Aufbau der faschistischen Miliz an der römischen Armee der Antike. Aufgeteilt wurde der MVSN-Bereich in 15 Zonen mit 133 Legionen, zu je drei Kohorten.

  • Zona – Division
  • Legion – Regiment
  • Kohorte – Bataillon
  • Centuria – Kompanie
  • Manipolo – Zug
  • Squadra – Gruppe

Zusätzlich gab es MVSN-Sondermilizen, die in ihrem Aufgabenbereich zwangsläufig mit den Carabinieri konkurrierten:

  • Miliz für Luftabwehr und Küstenartillerie (zwei Milizen waren hier in einem gemeinsamen Verband zusammengefasst)
  • Forstwirtschafts-Miliz
  • Grenzmiliz
  • Straßen-Miliz (vergleichbar der Mot. Autobahn-Gendarmerie im 3. Reich)
  • Hafenmiliz
  • Post- und Telegrafen-Miliz
  • Bahnmiliz
  • Universitätsmiliz
  • Hinzu kamen noch die Kolonialmiliz und später die Miliz in Albanien.
Propagandapostkarte der MVSN

Eine elitäre MVSN-Sonderformation stellten die „Moschettieri del Duce“ dar, Mussolinis Leibwache. Ihre Aufgabe war zunächst die Bewachung des Duce während seiner öffentlichen Auftritte sowie während seines Aufenthaltes im Palazzo Venezia. Zu den weiteren Aufgaben gehörten die Bewachung des Faschistischen Großrates während seiner Tagungen im Palazzo sowie die Abhaltung der Ehrenformation bei Paraden, faschistischen Großveranstaltungen und Staatsempfängen. Die „Musketiere des Duce“ wurden bei dem Besuch Adolf Hitlers in Rom im Jahre 1938 auf 200 Mann aufgestockt. Dies war der höchste Personalbestand. Mit der „Leibstandarte“ des nationalsozialistischen Deutschlands waren die „Musketiere“ nicht zu vergleichen. Ihr Aufgabenbereich war zum Großteil rein repräsentativer und zeremonieller Natur, im Prinzip der einer Ehrengarde. Beim Kriegseintritt Italiens im Jahre 1940 wurden sie offiziell aufgelöst, um auf kämpfende Einheiten aufgeteilt zu werden. Die Formation existierte jedoch bis 1943 inoffiziell weiter.

Bereits 1923 wurden MVSN-Legionen in Libyen gegen aufständische Araber eingesetzt, wo sie sich im Kampf bewährten. Es erfolgte immer mehr eine Verzahnung mit der italienischen Armee, die auch zum großen Teil die militärische Ausbildung der MVSN übernahm.

Die große Bewährungsprobe kam für die MVSN im Abessinienkrieg von 1935-36. Die Legionen der Schwarzhemden wurden von der italienischen Armee mit Artillerie und anderen schweren Waffen ausgestattet. Die kämpfenden MVSN-Einheiten wurden ab jetzt „CC.NN.-Einheiten“ (Camicie Nere) genannt. An diesem Feldzug nahmen folgende Einheiten der Schwarzhemden-Miliz teil:

  • 1. Division CC.NN. „23 marzo“
  • 2. Division CC.NN. „28 ottobre“
  • 3. Division CC.NN. „21 aprile“
  • 4. Division CC.NN. „3 gennaio“
  • 5. Division CC.NN. „1 febbraio“
  • 6. Division CC.NN. „Tevere“
  • 7. Division CC.NN. „Cirene“

Beim Abessinienfeldzug nahmen auch Einheiten der Forstmiliz teil. Diese Schwarzhemden-Legionäre galten als Musterformation. Ihrem Kampf widmete Augusto Agostini das Buch „Kolonnen“. Es erschien im Jahre 1942 in deutscher Übersetzung im Großdeutschen Reich. Nach dem Ende der Kämpfe, in denen sich die Schwarzhemden-Legionen abermals bewährten, verblieben viele Einheiten in Italienisch-Ostafrika, um für kolonialpolizeiliche Aufgaben und in der Aufstandsbekämpfung Verwendung zu finden.

Propagandazeichnung zum Engagement der MVSN-Einheiten im Spanischen Bürgerkrieg

Der nächste Großeinsatz für die Schwarzhemden-Legionen ließ nicht lange auf sich warten. Im Spanischen Bürgerkrieg (1936-39) unterstützte das faschistische Italien die Nationalspanier unter Generalissimus Francisco Franco. Folgende CC.NN-Einheiten kamen in Spanien zum Einsatz:

  • 1. Division CC.NN. „Dio lo Vuole“
  • 2. Division CC.NN. „Fiamme Nere”
  • 3. Division CC.NN. „Penne Nere”
  • Brigade „XXIII Marzo”
  • Brigade „Flechas Azules”
  • Brigade „Flechas Negras”
  • Brigade „Flechas Verdes”

Die Schwarzhemden-Milizionäre waren hauptsächlich an den Kämpfen und der Eroberung von Malaga und Bilbao beteiligt sowie bei den Schlachten am Ebro und Santander, Guadalajara, Barcelona und Tortosa. Sie zogen zusammen mit den Nationalisten unter Francisco Franco siegreich in Madrid ein.

Nach dem Ende des Spanischen Bürgerkrieges, im Jahre 1939, nahmen sechs Bataillone der Schwarzhemden an der Besetzung Albaniens teil. Dort erfolgte im gleichen Jahr der Aufbau der albanischen Miliz, die von italienischen und albanischen Offizieren befehligt wurde. Diese wurde später an der Front gegen Griechenland eingesetzt, wobei viele albanische Milizangehörige desertierten.

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Beim Kriegseintritt Italiens im Jahre 1940 wurden 220 Bataillone der MVSN in verschiedenen Spezialgebieten mobilisiert und an allen Kriegsschauplätzen eingesetzt. Es war geplant, dass die Miliz eine Angriffslegion stellt, die jeder regulären italienischen Infanteriedivision beigegeben werden soll. Jedoch mangelte es zu Beginn des Krieges an Ausrüstung, Personal und Ausbildung, sodass die meisten Infanteriedivisionen nur höchstens über ein Schwarzhemden-Bataillon verfügen konnten.

Im Feldzug gegen Griechenland hatten die MVSN-Einheiten große Verluste. Es waren bis zu 56 Bataillone im Kampfeinsatz. In Italienisch-Ostafrika kämpften 255.950 Mann, von denen 26.643 MVSN-Angehörige waren.

In Libyen deckten die eingesetzten Schwarzhemden-Legionen bei der britischen Gegenoffensive im Jahre 1940 den Rückzug der italienischen Armee und wurden von den britischen Empire-Truppen total aufgerieben. Im italienischen Feldzug in Nordafrika im Jahre 1940 waren folgende Schwarzhemden-Einheiten eingesetzt:

  • 1. Division CC.NN. „23 marzo“
  • 2. Division CC.NN. „28 ottobre“
  • 3. Division CC.NN. „21 aprile“
  • 4. Division CC.NN. „3 gennaio“

Im Frühjahr 1941 wurden aus den besten, im Kampf bewährten MVSN-Einheiten die „M-Bataillone“ geschaffen, die in speziellen Angriffstaktiken ausgebildet wurden. Sie stellten bald die Elite der kämpfenden Schwarzhemden-Einheiten dar. „M“ stand für Mussolini. Ihr Abzeichen war ein rotes M im Schriftzug Mussolinis auf dem Kragenspiegel, das ein Liktorenbündel hielt. Die M-Bataillone wurden besonders im Russlandfeldzug eingesetzt.

Im Jahre 1943, nach Gründung der Repubblica Sociale Italiana (RSI), wurden die meisten M-Bataillone von der neu gebildeten Republikanischen Nationalgarde übernommen. Auch wurde bereits ein Landungskorps mit M-Bataillonen gebildet, das zusammen mit dem Marineinfanterieregiment „San Marco“ die amphibischen Landungen für die geplante Invasion Maltas übte.

Mussolini umringt von Angehörigen seiner Leibwache, Propagandazeichnung

Beim Russlandfeldzug waren innerhalb des italienischen Expeditionskorps elf MVSN-Bataillone beteiligt. Die 63. Legion CC.NN. „Tagliamento“ unterstützte am 11. Oktober 1941 den Angriff einer deutschen Division auf die Stadt Pawlograd, die daraufhin eingenommen wurde.  Folgende MVSN-Einheiten wurden im Ostfeldzug eingesetzt:

  • Bataillonsgruppe CC.NN. „3 gennaio“
  • Bataillonsgruppe CC.NN. „23 marzo“

Hitler hatte Mussolini immer wieder dazu gedrängt, für sich eine effektive Leibwache zu schaffen. So wurde im Mai 1943 beschlossen, aus den Überlebenden und im Kampf gegen den Bolschewismus an der Ostfront gehärteten Angehörigen der M-Bataillone die „Division M“ aufzubauen. Es sollte eine Elitedivision aus überzeugten und fanatischen Faschisten werden. Die Division wurde von deutschen Ausbildern betreut und sollte das modernste deutsche Kriegsgerät erhalten. Himmler selbst organisierte die Abgabe der Panzer, Sturmgeschütze und Flakgeschütze an die neu zu bildende faschistische Elitedivision. Die im Aufbau befindliche MVSN-Elitedivision war daraufhin mit zwölf Panzern IV, Ausführung G; zwölf Panzern III, Ausführung N; zwölf Sturmgeschützen III, Ausführung G sowie sechs Batterien 8,8 cm Flak ausgerüstet.

Schwarzhemden im Abessinienfeldzug

Als das faschistische Regime am 25. Juli 1943 gestürzt wurde, befand sich die Division nördlich von Rom noch in der Ausbildung. Die Badoglio-Clique benannte die Division in „Panzderdivision Centauro II“ um. Badoglios Offiziere trauten den Angehörigen der Division nicht über den Weg, da diese mit zu vielen „faschistischen Elementen“ verseucht sei. Als die deutschen Truppen Rom besetzten und es zu Kämpfen kam, beteiligten sich die Angehörigen der ehemaligen „M-Division“ nicht an den Kampfhandlungen. Sie kämpften nicht gegen die Badoglio-Truppen und auch nicht gegen ihre ehemaligen Achsenpartner, sondern verblieben in den Kasernen. Am 13. September 1943 wurde die Division von den in Rom einrückenden deutschen Truppen entwaffnet. Die 36 Panzer und 24 Flakgeschütze wurden wieder von der Wehrmacht übernommen und im Kampf um den Brückenkopf Anzio (an den Kämpfen beteiligten sich auf deutscher Seite auch Angehörige von M-Bataillonen und italienische Fallschirmjäger) sowie an der Cassino-Front eingesetzt.

Nach dem am 8. September 1943 geschlossenen Waffenstillstand Badoglios und des Königs mit den Alliierten löste sich die MVSN weitgehend auf. Am 9. Dezember 1943 verfügte der König auf Vorschlag Badoglios endgültig die Auflösung der faschistischen Miliz. Zum Zeitpunkt ihrer Auflösung beklagte die MVSN 14.142 Gefallene an allen Fronten. Viele ihrer Einheiten wurden von der RSI übernommen. Die Aufgaben der ehemaligen MVSN übernahm dann innerhalb der RSI die „Guardia Nazionale Repubblicana“ (GNR).

Erstveröffentlichung in N.S. Heute #17

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